Argentinien, Sydney oder Myanmar sind sonst meine Reiseziele. Kolumbien und Ecuador stehen eigentlich noch auf meiner Wunschliste. Doch all dies ist aktuell nicht möglich. Von heute auf morgen hat sich die (Reise-)welt verändert.
Doch wie ist es in Zeiten von Corona zu verreisen?
Ich war gerade auf Lanzarote und lasse Euch gerne an meinen Erfahrungen teilhaben.
Vor der Abreise / Vor Ort / Nach der Reise
Vor der Abreise
Wir überlegten lange, ob und wohin wir verreisen wollen. Buche ich sonst Flug und Hotel direkt, wollten wir dieses Mal einen Reiseanbieter nutzen. In Fällen von Storno oder Änderungen sind wir so besser abgesichert.
Die Wahl fiel auf TUI. Aus einem guten Grund. Die haben in der Krise gut kommuniziert. Von Freunden wusste ich, dass TUI seine Kunden stetig per Mail über den aktuellen Stand auf dem Laufenden hält. Auch das Geld für stornierte Reisen aufgrund der Krise wurde schnell zurück überwiesen. Ganz anders dagegen, andere Reiseanbieter, die per Mail nur kommunizierten, man solle sich nicht mehr melden. Aktuell gingen zu viele Mails ein.
Hinweis: Lanzarote und die kanarischen Inseln gehören zu Spanien. Diese verlangen vor Einreise ins Land, dass jeder ein Formular ausfüllt: Spain Travel Health Portal. Ein QR-Code wird per Mail zugesendet und muss vorgezeigt werden.
Aktuelle Informationen gibt es immer direkt beim Auswärtigen Amt.
Vor Ort in Lanzarote
Der Flug
Erwartet hatte ich einen relativen leeren Flieger. Doch das war nicht der Fall. Das Flugzeug war fast ausgebucht. Der Flug verlief problemlos. Abgepacktes Essen und Getränke wurden nur vereinzelt und gegen Bezahlung (nur mit Karte) serviert. Duty-free-Angebote während dem Flug gab es keine.
Die Stewardessen wiesen Personen, die ihre Maske nur über dem Kinn oder Kinn und Mund trugen freundlich aber bestimmt darauf hin, dass die Maske ein Mund- und Nasenschutz ist. Gerade auf dem Rückflug war ich darüber sehr froh, da dort einige Personen meinten, keine Maske tragen zu müssen. Die Stewardessen hatten dies jedoch immer im Blick und gingen auf Beschwerden und Hinweise direkt ein. An dieser Stelle noch mal ein großes Danke an Tuifly. Gerade für den Rückflug mit einem etwas problematischen Passagier.
Angekommen am Flughafen wurden unsere QR-Codes geprüft. Bei zufällig ausgewählten Personen wurde Fieber gemessen.
Im Hotel
Wenn eine größere Reisegruppe oder mehrere kleine Gruppen gleichzeitig neu im Hotel ankommen, kann es vor der Rezeption schnell mal voll werden. Durch die Abstandsregeln wird das Ganze nun in eine lange Warteschlange (mit Abstand) entzerrt.
Beim Check-in wurde bei jeder Person Fieber gemessen. Zur Unterschrift der verschiedenen Formulare erhielt jeder einen neuen, extra abgepackten, Kugelschreiber. Auf dem Zimmer lag für jeden Gast nochmal eine Packung mit einer Maske.
In den Räumlichkeiten muss immer eine Maske getragen werden. Draußen auf dem Weg zum und am Pool aber nicht.
Überall im Hotel stehen Desinfektionsspender. Während der Zimmerreinigung durfte niemand im Zimmer bleiben.
Beim Essen im hauseigenen Restaurant werden vor jedem Gast Tische und Stühle desinfiziert. Es gibt keine Tischdecken, dafür Sets aus Papier, die vor jedem Gast neu ausgelegt werden. Die Kellner begleiten einen zum Tisch. Man darf sich diesen nicht eigenständig aussuchen oder direkt zu diesem hingehen. Was mich wundert: Das Essen wird in Buffetform angeboten und jeder kann sich daran bedienen.
Im Hotel selbst gibt es zwar diese Änderungen, aber abgesehen davon läuft alles normal ab. Der Erholung tut das alles keinen Abbruch und man konnte fast vergessen, was um einen herum so geschieht.
Ganz anders im Ort.
Der Ort – Puerto del Carmen
Puerto del Carmen, „der wichtigste und größte Touristenort“ von Lanzarote laut Wikipedia, wirkt wie ausgestorben.
Es ist total gespenstisch, abends oder auch tagsüber an der Strandpromenade entlang zu spazieren. Die Hotels verlassen. Von 20 Restaurants oder Geschäften sind nur zwei geöffnet und das während der Hauptsaison.
Später erfuhren wir, unseres ist eins von zwei Hotels in der Gegend, die als erstes wieder aufmachen durften. Alle anderen haben zu. Die meisten davon renovieren gerade. Wir sahen viele Hotels, die gar keine Fenster mehr drin haben.
Auch führte die kurzfristige Änderung der britischen Regierung dazu, dass viele Engländer ihre Reise stornierten. Diese müssen nun, nach der Rückkehr aus Spanien, zwei Wochen in Quarantäne. Egal ob sie auf dem Festland oder einer Insel in Urlaub waren. Die Briten machen neben den Deutschen, den größten Anteil an Touristen in Spanien aus.
Der riesige Strand von Puerto del Carmen ist wie leergefegt. Alle Liegen stehen gestapelt einsam auf dem Sand und dürfen nicht benutzt werden. Schirme gibt es keine.
Nach der Reise
Während dem Urlaub wurde bekannt gegeben, dass Reiserückkehrer sich freiwillig testen lassen sollen. Entsprechende Zentren werden aufgebaut. Die Kosten werden übernommen.
Schon vor Ort entschieden wir uns, den Test zu machen. Aufgrund der Flugzeiten war dies nicht am Flughafen möglich. Also recherchierten wir noch von Lanzarote aus, wo und wann wir den Test am besten machen können.
Nach einigem Suchen hatte ich für Köln die notwendigen Infos. Bei der Uniklinik in Köln kann man direkt digital einen Termin vereinbaren. Bis auf kleinere Punkte, die noch verbessert werden können, funktioniert das erstaunlich gut und schnell.
Kleiner Hinweis: Die Auswahl der Anrede übersieht man schnell mal. Wenn ihr vergesst diese auszuwählen, könnt ihr das Formular nicht abschicken. Es erscheint aber keine Fehlermeldung.
Meinen Termin vereinbarte ich direkt für den Tag der Rückkehr.
Ganz anders sah es hingegen für meine Freundin aus Frankfurt aus. Online fand sie keinerlei hilfreiche Infos, wo und wann sie sich testen lassen kann. Zurück zu Hause telefonierte sie sich durch etliche Stellen durch, ohne Erfolg.
Morgens um 7 war ich wieder in Köln. Nachmittags um kurz vor 15 Uhr hatte ich meinen Termin im Infektionsschutzzentrum der Uni-Klink. Vorm Eingang eine lange Schlange. Eine Ärztin sprach mit Passanten. Ich fragte sie, ob die Schlange für die Personen mit oder ohne Termin sei. Nach der Erklärung fragte sie mich, warum ich mich testen lassen wolle. Nach meiner Antwort, dass ich Reiserückkehrer sei, wollte sie wissen, wo ich herkomme und ob ich Symptome hätte. Aus Lanzarote. Das sei kein Risikogebiet und daher müsste ich den Test selbst bezahlen.
Ich war verwirrt. Gerade hatte die Bundesregierung doch verkündet, alle Reiserückkehrer sollten sich testen lassen und die Kosten würden übernommen. Nein, das hätte sich schon wieder geändert. Ich könnte den Test gerne machen lassen, wenn ich das Ergebnis wissen wollte. Aber ich bräuchte ihn nicht zu machen, so lange ich keine Symptome hätte. Sie würde es nicht empfehlen. Sondern ich sollte weiterhin auf Abstand, Maske und Hände waschen achten.
Was ich mit meinem Termin machen sollte? Den könnte ich einfach verfallen lassen, es würden ja genug andere Leute warten.
Da stand ich nun. Test machen ja oder nein? Die Bundesregierung sagt ja. Die Ärzte vor Ort sagen nein.
Ich fuhr zuerst mal wieder nach Hause. Meine Überlegungen gehen in verschiedene Richtungen:
- Für einen Test spricht, dass man dann Gewissheit hat. Bei einem positiven Ergebnis, kann ich mich komplett isolieren. Allerdings ist auch der Test nur eine Momentaufnahme.
- Wenn ich mich testen lasse, dann stehe ich sehr lange mit Personen in einer Schlange, von denen sehr sicher einige Infiziert sind. Ja, die Schutzmaßnahmen sind hoch. Aber möchte ich dieses Risiko eingehen?
- Meine Hauptüberlegung war aber eine andere. Die Ressourcen sind sehr begrenzt. Wenn die Ärzte von einem Test ohne Symptome aus einem Nicht-Risikogebiet abraten, möchte ich dann diesen Test-Platz anderen Personen wegnehmen. Personen, die aus einem Risikogebiet kommen? Personen, die als Pflegekraft, Lehrer oder anderen Berufen arbeiten, in denen Tests wichtiger sind?
Ob ich die 50 – 70 € für den Test aus eigener Tasche bezahlen muss oder nicht, hat bei meiner Überlegung übrigens keine Rolle gespielt. Ich bin mir aber sehr bewusst, dass sich diese Extraausgabe nicht jeder leisten kann.
Was habe ich gelernt?
Beruflich beschäftige ich mich mit dem Aufbau von Communitys. Auch mein Urlaub beziehungsweise die Rückkehr haben gezeigt wie essentiell funktionierende Strukturen und Prozesse sowie gute Kommunikation sind.
Während ich für Köln nach einigem Suchen alle relevanten Infos hatte, verlief die Suche für Frankfurt online erfolglos. Auch auf den Kölner-Seiten besteht Verbesserungspotential, doch im Vergleich zu Frankfurt sind sie ein Paradebeispiel.
Warum wird hier nicht landesweit zusammengearbeitet? Warum gibt es nicht eine Übersichtsseite auf der ich alle Informationen und notwendigen Links erhalte? Der Kölner-Prozess ist komplett digitalisiert. Warum wird dieser nicht für andere Städte übernommen? Warum finden hier keine Absprachen statt? Gerne helfe ich bei der Vernetzung und Aufbau der Strukturen.
Warum kommuniziert die Bundesregierung man solle die Tests machen lassen und die Kosten würden übernommen, vor Ort wird einem dann aber das genaue Gegenteil mitgeteilt?
Kommunikation ist gerade in Krisenzeiten essentiell. Hier besteht an allen Stellen noch erheblicher Verbesserungsbedarf.
Wer über die neusten Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten werden will, kann sich per Twitter eine Push-Mitteilung aufs Handy spielen lassen. Einfach dem Account @AA_SicherReisen folgen. Mit Klick auf das Glocken-Symbol öffnet sich eine Auswahl. Hier kann man angeben, dass man alle Benachrichtigungen erhalten will.
Jeder muss selbst entscheiden, ob er oder sie in diesen Zeiten in Urlaub fährt. Uns waren verschiedene Kriterien wichtig. Wie zum Beispiel niedrige Infektionszahlen. Aus diesem Grund haben wir auch erst sehr spät gebucht. So können wir noch auf aktuelle Entwicklungen reagieren. Voraussagen über mehrere Monate sind aktuell einfach nicht möglich. Ursprünglich hatten wir an Mallorca als Reiseziel überlegt. Doch nach den Entwicklungen dort, haben wir uns dann für ein anderes Ziel entschieden.
Das Problem sind nicht diejenigen, die in Urlaub fahren. Sondern die, die sich nicht an Hygieneregeln und Abstand halten und die ihre Maske gar nicht oder falsch tragen. Bei solcher nicht vorhandenen Solidarität und Ignoranz ist es egal, ob man zu Hause oder im Urlaub in einem anderen Land ist. Wir müssen alle zusammen hier durch. Das geht nur gemeinsam. Passt auf Euch auf.